Roland M. Dürre

Evolution – Innovation – Kommunikation

Intern

Shareholder Value

Der Begriff Share Holder Value wurde von Alfred Rappaport (* 1932), einem amerikanischen Professor für Betriebswirtschaft, eingeführt. Gemessen am Tempo der Internet-Zeit ist der Begriff schon ziemlich alt und trotzdem auch in der Deutschen Wirtschaft beängstigend in Mode gekommen. Mr. Rappaport hat den Wert eines Unternehmens als linear abhängig von Dividendenhöhe und  Börsenwert festgelegt. Die Maximierung des „Shareholder Value“ wird zur zentralen Vorgabe für das Management, die Höhe seiner Entlohnung hängt vom Ergebnis ab, man spricht vom „Shareholder Value“-Prinzip. Und die hat aus den USA kommend auch in Europa seinen Siegeszug angetreten.

Unternehmen werden zu Maschinen, die geplant Umsatz generieren und Gewinn abwerfen. Unternehmen bestehen aber aus Menschen. Sie bilden soziale Systeme, die nicht Maschinen sondern Organismen gleichen. Unternehmen sind sterblich. ich habe in den letzten 30 Jahren zahlreiche IT-Unternehmen gesehen, die aufgeben mussten.

„Shareholder Value“-Denken ignoriert die Dimension Zeit und die Außenwelt des  Unternehmens. Wie soll man die Lebensdauer eines Unternehmens bewerten? Darf man die Wertschöpfung des Unternehmens und dessen Auswirkungen auf die Umwelt und andere soziale Systeme einfach ignorieren? Nein, man darf nicht nur die Dividende und den Wiederverkaufswert zum Maß aller Dinge machen! Das eingesetzte Kapital gehört zwar den Aktionären (Shareholder), aber es gibt weitere Anteilseigner (Stakeholder):

– die Kunden, ohne die kein Unternehmen leben kann.
– die Mitarbeiter, die das Unternehmen bilden und gestalten.
– die Lieferanten, die jedes Unternehmen hat.
– die Gemeinde, in der das Unternehmen zu Hause ist.
– den Staat, an das es die Steuern zahlt.
– die Familien der Mitarbeiter.
– der Kindergarten und die Kneipe um die Ecke
und manche mehr …

Gerade bei IT-Dienstleistungsunternehmen ist nicht das Kapital der limitierende Faktor. Die Mitarbeiter sind der Wert des Unternehmens, mit ihrer Arbeit realisieren sie die Umsätze. Und ohne Kunden geht sowieso nichts! So sind Kunden und Mitarbeiter die wichtigsten Stakeholder eines Unternehmens!

Wie ich 1976 in München beim Siemens als fest angestellter Mitarbeiter angefangen habe, wurden alle Neulinge im Casino von einem leibhaftigen Vorstand begrüßt. Und der hat voller Stolz vom hohen Nutzen gesprochen, den Siemens mit seinen Produkten beim Kunden generiert. Und dann hat er von der „Sozialbilanz“ der Siemens AG gesprochen. Wir waren alle begeistert – und stolz darauf, bei Siemens zu arbeiten!

Wenn ich heute den Wirtschaftsteil lese, dann steht da nichts mehr von Kundennutzen und Sozialbilanzen. Es geht nur noch um Gewinne und Verluste, Pleiten und Übernahmen, Krisen und Wirtschaftskrieg. Die Gier regiert und die eigentliche Aufgabe der Wirtschaft, uns zuverlässig mit den zum Leben notwendigen Gütern zu versorgen, scheint vergessen zu sein.

„Shareholder Value“ als einziges Erfolgskriterium für ein Unternehmen anzusetzen, ist gefährlicher Leichtsinn. Das „“Shareholder Value“-Prinzip produziert eine kleine Zahl von Gewinnern und eine weit größere Zahl von Verlierern.