Roland M. Dürre

Evolution – Innovation – Kommunikation

Intern

Gefängnis

Ich war mal in Stadelheim (in München das Synonym für Gefängnis, liegt an der Stadelheimer Strasse). Ein ganzes Jahr lang, jede Woche für einen Tag. Ich ging am Morgen rein und durfte am Abend wieder raus. Ich hatte Glück, ich war da nur zu Besuch. Meine Aufgabe war es, einen lieben Kollegen, der wegen Totschlags einsaß, fachlich zu führen. Ich überbrachte ihm Programmieraufgaben aus dem Team, sprach mit ihm die Schnittstellen durch und holte die Ergebnisse wieder ab. Damals war die Datenfernübertragung im Prinzip schon in der Lage, Dateien zu übertragen, aber ein Modem im Gefängnis war nicht machbar. Das ganze war nur möglich, weil das Unternehmen und die Vorgesetzten meinen Kollegen auf außergewöhnliche Weise unterstützt haben.

In diesem Jahr habe ich vieles erlebt. Ich habe – wie im Film – bleiche und ausgemergelte Menschen gesehen, die aus einem besonderen Stockwerk kamen und zum Hofgang geführt werden. Ich habe Angst gehabt, die Trostlosigkeit des Gefängnisses erlebt und das große Glück gefühlt, am Abend wieder in Freiheit zu sein.

Ich glaube nicht, dass es gut ist, Menschen einzusperren. Mag sein, dass Gefängnisse notwendig sind, um die Gesellschaft vor ihrem eigenen Versagen zu schützen. Das sollten wir ändern. In USA sitzen angeblich ein Prozent (das ist jeder Hundertste) der Einwohner im Gefängnis. Was für eine Unmenschlichkeit und was für eine Verschwendung! Ich wünsche mir eine Politik, die Gefängnisse umwandelt von einem Instrument der Strafe und der Rache zu einer Institution der Resozialisierung. Und eine Gesellschaft, die es schafft, allen ihren Mitgliedern die Wichtigkeit sozialen Verhaltens klar zu machen. Und Richter mit Augenmaß. Damit wir weniger Menschen einsperren müssen. Das wäre dann eine bessere Gesellschaft.

P.S.
Gestern (14. Februar 09) lese ich in der Zeitung, dass auch die Insassen unserer Gefängnisse immer älter werden. Viele Insassen sind über 60, es gibt aber auch Menschen die mit über 80 einsitzen. So wartet in Bayern ein 84-Jähriger auf seine Entlassung in 2011, in Baden-Württemberg sei der älteste Insasse sogar 85. Das Gefängnis als Altersheim mit Sondereinrichtung für demente Insassen. Ist das nicht absurd? Was hätte da ein gütiger Herrscher gemacht?