Folker Hellmeyer meint in seinem Buch „Endlich Klartext“, dass im Kampf der Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme der Sieg des Kapitalismus über den Sozialismus um 1990 ein „Pyrrhus-Sieg“ war. Er vermutet, dass der Sieger, seine Tugendhaftigkeit, die ihn ja zum Sieg geführt hat, abgelegt und stattdessen Eitelkeit und Arroganz angenommen hat. Die Folge wäre ein Werteverfall gewesen, der gerade in den letzten 10 Jahren dramatische Formen angenommen hätte.
Ich gebe ihm uneingeschränkt recht. Wie der Kapitalismus seinen Gegner, den Sozialismus verlor, wurde er übermütig. Ohne Konkurrenz konnte er sich so richtig austoben. Die eigenen Werte, die den „Freien Westen“ vom „Kommunistischen Osten“ differenzierten, wurden verraten. Wegen eines scheinbaren Vorteils wurden sogar die vorher stark kritisierten Methoden des ehemaligen Gegners übernommen.
Der Kapitalismus hat den Staat beschlagnahmt. Fahrlässiges, oft kriminelles Profitstreben das zu gigantischen Verlusten geführt hat, muss aufgrund von (vermeintlichen) Sachzwängen vom Staat beglichen werden. Milliarden werden dem Staat abgepresst, dieser gibt sich wehrlos hin, denn die Drohszenarien des Kapitalismus sind mächtig. Manager bereichern sich wie Staatsfunktionäre, Freiheitsrechte werden eingeschränkt, der Überwachungsstaat gestärkt, Recht einseitig gesprochen. Demokratische Bürgerrechte, die wir vor dem Sozialismus verteidigt haben, werden jetzt freiwillig demontiert, die Beweislast umgekehrt. Ich bin nicht sicher, ob die DDR-Führung es geschafft hätte, ihren Bürgen einen Personalausweis mit biometrischen Daten zu verpassen. Wahrscheinlich hätte schon die Funktionäre dies gar nicht gemocht.
Situationen und dunkle Zukunftsszenarien werden denkbar, die in der DDR zum Aufstand geführt haben. Aber in wessen Arme sollen wir uns dann werfen?
Wahrscheinlich hätte das Kartellamt das Auflösen des Sozialismus unterbinden müssen! 😉