Roland M. Dürre

Evolution – Innovation – Kommunikation

Intern

Mensch

Ich bin ein Mensch und stamme vom Affen ab. Meine Vorfahren sind vor langer Zeit auf allen Vieren gelaufen. Durch ein planetares Unglück (heute würde man sagen durch eine Umweltkatastrophe), ging ihr Dschungel kaputt. Dort fanden sie immer leckere Nahrung im Übermaß. Damit war Schluss. Jetzt mussten sie die vielen Proteine, die sie brauchten, wo anders suchen. Das war nicht einfach.

So sind sie gezwungen worden, sich aufzurichten. Ich bin mir nicht sicher, ob das in der Savanne passiert ist, weil sie nach Aas suchen oder ob sie ihre Nahrung aus dem flachen Wasser holen mussten und deshalb lernten, ihren Kopf so hoch zu tragen. Da streiten unsere Gelehrten heute noch, aber damit fing das Mensch sein wohl an …

Nachdem meine Vorfahren gelernt hatten, aufrecht zu gehen, wussten sie nicht, was sie mit ihren Händen machen sollten. Langeweile bringt ja oft auf dumme Gedanken. So spielten sie mit ihren Händen so herum und lernten Werkzeuge und Waffen zu bauen. Wie die Werkzeuge filigraner wurden, wurden die Hände feingliedriger und geschickter. Ging alles ganz von selbst und ohne konkrete Absicht.

Meine Vorfahren zündelten gerne. Sie erfanden einen Weg, Feuer zu entfachen. Zuerst hatten sie Angst, etwas schlimmes angestellt zu haben. Dann merkten sie aber, dass das Feuer zu vielem nutze war, auch zum Wärmen und zum Aufbereiten der vielen Proteine, die sie brauchten.

Ein paar andere meiner Vorfahren erfanden zu einer anderen Zeit das Runde. So konnten sie Dinge leichter auf runden Hölzern bewegen. Das war ein Fortschritt. Sie ahnten natürlich nicht, das sich später aus ihrer Erfindung das Rad entwickeln werden sollte,

Schnell lernten meine Vorfahren auch, dass man im Team erfolgreicher jagen konnte als alleine. Aufgrund ihrer einzigartigen Kehlkopfklappe konnten sie Töne modulieren. Das war sensationell. Schnell kapierten sie, dass sie sich damit bei der Jagd im Team mit unterschiedlichen Tönen verständigen konnten. Das war wieder ein großer Vorteil im Kampf um die Proteine. So verfeinerten sie ihre Jagdkommandos, und daraus entwickelte sich die Sprache.

Der Sprache mächtig, erfanden sie Geschichten, die sie ihren Kindern erzählten. Die Weitergabe der Geschichten war mühsam. Die Geschichten veränderten sich über die Generationen. Meine Vorfahren waren da schon ganz schön intelligent und versuchten, ihre Geschichten in Stein zu hauen. So entstand die erste Art von Schrift.

Je mehr sich Sprache und Schrift entwickelten desto mehr gab es Worte und Begriffe. Die Gedanken wurden komplizierter, das Bewusstsein entwickelte sich.

Meine Vorfahren waren Herdentiere. Jetzt konnten sie explizit soziale Regeln festlegen. Es gab eine Vorstellung von Werten. Vieles blieb für meine Vorfahren aber sehr rätselhaft. Sie versuchten die Rätsel zu lösen und der Welt und ihrer Existenz einen Sinn zu geben.

So erfanden meine Vorfahren Gott. Und fanden ihn in der Sonne und vielerorts in der Natur. Sie entwickelten Religionen. Zuerst ganz einfache und natürliche. Aber damals schon neigten meine Vorfahren dazu, alles recht kompliziert zu machen.

Damals wurde auch das schöne Märchen von Adam und Eva erfunden. Und viele sehr unterschiedliche Geschichten, die über Tausende von Jahren weitergegeben wurden. Aber bis heute konnten wir die Sinnfrage  nicht beantworten.

In den letzten 1000 Jahren hat sich das Entwicklungstempo beschleunigt. Das Bewusstsein für die Zeit entstand, man erfand die Uhr. Man entwickelte die Mathematik weiter und entdeckte die sogenannten Naturwissenschaften. Der Buchdruck wurde erfunden, jetzt konnte man Wissen viel besser verbreiten.

Kommunikation und Mobilität kam dazu. Die Dampfmaschine und der Dieselmotor wurden erfunden. Die Schiffe wurden schneller und die Flieger noch viel schneller. Fürchterliche Waffen wurden geschaffen, große Kriege geführt. Und mein Stamm war immer voll dabei. Die Atombombe wurde allerdings bisher nur zweimal gezündet, und zwar nicht von uns. Dafür bauten wir dann die Kernkraftwerke.

Unsere Devise war schneller, weiter, höher. Ein paar von uns setzten ihren Fuß sogar auf den Mond. Innerhalb eines Tages konnten wir überall auf der Welt sein. Wir machten uns die Welt untertan und beherrschten alles. War eine tolle Geschichte.

Wir bekamen Maschinen, die denken konnten. Die Daten wurden über Telex und später über Glasfaser übertragen. Im Internet war alles möglich. Das ganze Wissen der Welt konnten wir erreichen. Da ging es dann nochmal so richtig los.

Wir hatten verschiedene Systeme und Ordnungen. Am Schluss war der Spätkapitalismus der Gewinner, er besiegte sogar den Kommunismus. Gier wurde zu unserer ausschließlichen Triebfeder und Geiz wurde geil.

Jetzt scheint es bei uns eng zu werden. Denn wir plünderten die Schätze unserer Erde und haben sie ziemlich ruiniert. Unser Planet erwärmt sich. Das Leben auf der Erde stirbt an homo sapiens. Einer davon bin ich. Aber die Krankheit, die ich mit verursache, wird wieder verschwinden. Die Erde wird sich von ihr schon wieder erholen. Bis sie dann irgend wann mal im unendlichen Kosmos verschwindet.

RMD